Lobus temporalis (TL) -  temporaler Cortex

 

 

Nach Kolb und Wishaw, 1993, besitzt dieser Bereich keine einheitliche Funktion, da er sowohl dem primären und sekundären auditorischen Cortex, den sekundären visuellen Cortex und dem limbischen Cortex umfasst. Bei getrennter Betrachtung des primären und sekundären auditorischen Cortex einerseits und des assoziativen und limbischen Cortex andererseits erkennt man drei wichtige Funktionen des Temporallappens:

 

1.      Der erste Bereich hat mit auditorischen und visuellen Wahrnehmungen zu tun (als Hören und Sehen und somit auch die Wahrnehmung gesprochener und geschriebener Sprache).

2.      Die zweite steht mit der Langzeitspeicherung von (sensorischen) Information in Verbindung (darunter auch als „What-System“ bezeichnet).

3.      Die dritte fügt - hier in Zusammenarbeit mit dem Zwischenhirn und dem limbischen Strukturen - den einfließenden Informationen affektive „Färbungen“ bei.

 

Wie geschieht die Analyse sensorischer Reize?

 

a)     Ein Reiz muss identifiziert (Gedächtnisleistung!) und daraus folgend ein Perzept gebildet werden. Voraussetzung: die Information muss von verschiedenen Sinnessystemen (z.B. visuell, auditorisch....) integriert werden. Die Integration ist die Hauptfunktion des  tertiären Assoziationscortex (innengefaltetes Gewebe - Insula).

 

b)     Die Identifizierung und Kategorisierung eines Reizes erfolgt im temporalen Assoziationscortex - siehe oben (Ort: sulcus temporalis superior - polymodales Assoziationsgebiet).

 

c)      Als dritte Funktion kann die  Speicherung von Information oder dem Vergleich mit bereits gespeicherten Material angeführt werden. Auf das „Wie“ und „Wo“ kann hier nicht eingegangen werden, siehe dazu Squire und Kandel, 2000.

 

d)     Es erfolgte eine Zuordnungen affektiver Eigenschaften zu den Reizen je nach emotionaler oder motivationalen Bedeutung. Dieser Prozess ist für die Lern- bzw. Speicherprozesse wichtig, weil Reize positiv, negativ oder neutral assoziiert werden und so das Verhalten spezifisch modifizierte wird. Würde dieser Prozesse nicht erfolgen, würden alle Reize gleich behandelt werden (Ort: medialer limbischer Cortex). Eine Trennung des medialen Cortex nach Gedächtnis- und emotionalen Funktionen vorzunehmen, ist schwierig; ist gibt keine Gründe dafür, diese Regionen zu trennen.

 

 

Asymmetrien der temporalen Funktionen - Basis: neuropsychologische Befunde

 


Linker Temporallappen

Sprachgedächtnis

Verarbeiten von Sprachlauten

 

Rechter Temporallappen

Verarbeitung von Musik,

Nichtverbales Gedächtnis

Interpretation des Gesichtsausdrucks;


 

 

Zur Anatomie

Gyrus temporalis superior (GTs, A22, A38, A41, A42. A38)

Gyrus temporalis medius (GTm, A21, A37, A38)

Gyrus temporalis inferior (GTi, A20 , A21,)

Neocorticale Regionen: A20, A21, A22, A37, A38;

a)     Archicortex: A41 und A42 und die medial gelegenen, älteren, dreischichtigen Anteile des

b)     Paleocortex: G. ambiens, G. parahippocapi und Uncus; der

c)      enthorinale Cortex und der perirhinale Cortex (A35 und A36) gehören zum mediotemporalen Gedächtnissystem: Hippocampus und Amygdala sind eng mit dem Paleocortex verbunden.

 

Ø      Gyrus temporalis superior (Sensorisches Sprachzentrum GTs, A22, Wernicke) und umliegende Gebiete

Ø      Planum temporale (links meist größer als rechts)

Ø      Gyrus temporalis superior (GTs): Heschlsche Querwindung: A41 – primärer auditorischer Cortex

Ø      Fasciculus arcuatus: Verbindung des  sensorischen Sprachzentrums mit dem motorischen

Ø      Gyrus temporalis transversi (GTT) A42: sekundärer auditorischer Cortex

 

 

Funktionalitäten des temporalen Cortex

temporaler Cortex: „Was ist es?“ (parietaler/visueller Cortex des PL: „Wo ist es?“)

 

Hören und Sprache:

a)     Aufnahme und Wahrehmung von auditorischen  Reizen (Heschlsche Querwindung, (GTs, A41, primärer auditorischer Cortex)

b)     GTm: komplexe auditorische Informationsverarbeitung (a + b: primäres und sekundäres auditorisches System)

c)      musikalische Fähigkeiten (rechte Hemisphäre)

d)     Aufnehmen und Verstehen von gesprochener und geschriebener Sprache: Wernicke-Zentrum (bei A22, GTs) - für Sprachverständnis zuständig

e)     GTi: Schnittstelle zwischen Temporal-, Parietal- und  Occipitallappen

 

Sehen:

a)     ein Teil des tertiären visuellen Systems – Sinnesfunktionen (superiore und inferiore Anteile)

b)     Wahrnehmung von Gesichtern (GTi – rechts) G. temporalis inferior: für die visuelle Diskriminationsleistungen wesentlich; Bedeutung von Gesichtern; ausgedehnte visuelle Assoziationsfelder, die der Objektwahrnehmung dienen; Erkennen eines mimischen Ausdrucks oder von Gesten (dafür spezielle Neuronennetze vorhanden).

c)      Zuständig für die Integration und Bewertung nichträumlicher visueller Aspekte von Objekten und Prozessen (GTi: Verarbeitung komplexer visueller Information)

d)     G. fusiformis (GF A18, A19, A20, A37): Wichtig für die Wahrnehmung von Farben ® Verbindungen über den G. parahippocampi zum limbischen System - emotionelle Bedeutung von Farben, Hilfe bei Gesichter- und Mimikerkennen (sowohl in Frontal- als auch in Profilansichten; Erkennen (neuer) homogener Kategorien (Autos, Gesichter...), hohes Niveau der Kategorisierung bis hin zur Expertise; eingebunden in den Leseprozess

 

Persönlichkeit:

a)     Wahrnehmungserfahrung – anteriorer Temporallappen

b)     Sexualverhalten bilateral-anterior

 

Integration verschiedener Modalitäten:

Gedächtnisfunktion und die affektive Färbung der Inhalte ® der mediale, mesiale und limbische Teil des Temporallappens – bilateral:

verbales Langzeitgedächtnis - links

räumliches Langzeitgedächtnis – rechts

Paar-Assoziationslernen - anteriorer Teil

 

 

Spezifische Zuordnungen

 

Ø      Gyrus temporalis superior:

a)           Primärer akustischer Cortex. Die Aktivierung erfolgt beim Hören und Sprechen, jedoch nicht beim Sehen  von geschriebenen Wörtern.

b)           Rezeptive Sprachwahrnehmung. Das im Gyrus temporalis superior gelegene sensorische Sprachzentrum (Wernicke-Sprachzentrum) spielt eine Rolle beim Verstehen der Wörter (rezeptive Sprachwahrnehmung).

c)            Sitz des Sprachverständnisses

 

Ø      Gyrus temporalis medius: Multimodale Assoziationsareale, die in perceptive und mnestische Integration involviert sind.

 

Ø      Gyrus fusiformis (A18, A19, A20, A37) 

d)           Visueller Assoziationscortex mit Zentren höherer visueller Assoziation

e)           Räumliches Vorstellungsvermögen

f)              Seherinnerung, Aufmerksamkeit

g)           Gesichtererkennung

h)            Farbwahrnehmung

i)              Kategorisieren

j)              Erkennen der Form einer Ziffer (z.B. „5“)

 

Ø      Gyrus temporalis inferior: Analyse von Farbe und Form visueller Stimuli, die über cortikocortikale Projektionen zugeführt werden.

 

Ø      Gyrus parahippocampi:

a)           Langzeitverstärkung von Gedächtnisinhalten

b)           Olfaktorische Funktionen

 

Ø      Gyrus temporalis transversus: Primärer akustischer Cortex

 

Perirhinaler Cortex (A35, 35): Einbindung in Langzeit-Gedächtnisprozessen

 

 

 

 


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